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SINASOS - Eine griechisch-türkische Zwangsumsiedlung

Geschichten einer griechisch-türkischen-Zwangsumsiedlung

Dokumentarfilm, 16 mm, Farbe 58 min - 1997


Preis des besten Dokumentarfilms des Mittelmeers Palermo
Publikumspreis des Internationalen Filmfestival Thessaloniki 1997
Staatspreis Griechenlands für den besten Dokumentarfilm 1998
Ipekci Peace Award for Greek-Turkish Friendship, 1999
Grosser Preis der Europäischen Dokumentarfilmwoche, Strasburg 2001

Festivals : Marseille, Munich, New York, Istanbul...



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Zusammenfassung

Seit der Antike lebt das griechische Volk auf beiden Ufern der Ägäis. 1923 findet infolge der Auflösung des Osmanischen Reiches und des griechisch-türkischen Krieges, im Namen nationaler Ideen und mit tatkräftiger Zustimmung der Grossmächte, die erste grosse ethnische Säuberung dieses Jahrhunderts statt. 1.500.000 Griechen werden unter unmenschlichen Bedingungen aus der Türkei vertrieben, 400.000 Türken müssen Griechenland verlassen.

Dieser Film rekonstruiert am Beispiel des Dorfes SINASOS anhand Zeugenberichten der letzten griechischen und türkischen Überlebenden dieser Tragödie sowie ihrer Nachkommen die Erinnerung des täglichen Lebens der beiden Völker, die in Kleinasien trotz ihrer nationalen, sozialen und religiösen Unterschiede Jahrhunderte lang friedlich zusammengelebt hatten, bevor sie ultra-nationalistische Politiker in Griechenland und der Türkei in die Katastrophe stürzten.

Dieser Film zeigt, wie die weiteren Ereignisse dieses Jahrhunderts und die Propaganda in beiden Ländern das Bild des Anderen bis in die Erinnerung hinein verzerrt haben. SINASOS hinterfragt am Beispiel der Geschichte eines Dorfes die Mechanismen, die heute wie gestern zu Nationalismus und gegenseitigem Haß führen.


 

 

directors' note

 

Es ist nicht einfach, die Erinnerung von Völkern (von Männern, Frauen, einem Dorf...) zu filmen und das, was aus ihr wird -Propaganda-, wenn diese Völker in einem Zustand ständigen Krieges leben. Aber es ist genau diese Bewegungsrichtung in der Überlieferung (von Liebe und Hass; von Liebe zu Hass) in der Kollektiverinnerung, von einer Generation zur anderen, die wir mit der Kamera in Griechenland und der Türkei festhalten wollten. Wie auch, über Zeugnisse, das Schweigen aufzeichnen, das noch nicht Vergessen ist. Schliesslich versuchen, mittels Gedanken und Poesie, den immer verschütteten Weg zum Anderen wiederzufinden, vielleicht freizulegen. SINASOS ist für uns genau dieser Versuch.


Timon Koulmasis, Iro Siafliaki

 

 

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Die administrative Logik der Nationalstaaten, welche die übernationale und plurikulturelle Erinnerung der Völker zu Staub zertritt, steht im Mittelpunkt des Filmes. Die alten Menschen, Türken, die geblieben sind, sowie die vertriebenen Griechen, rufen wohlwollend alte Bräuche wach und beschwören erschüttert gegenseitige Zeichen des Respekts und der Solidarität, als sich die Zeiten verschlimmerten, herauf.
Ihr Zeugnis einer gemeinsamer Vergangenheit in diesem Film ist ergreifend und die aufgestaute Erinnerung transzendiert mit einem Mal die vergehende Zeit und trotzt der kalten Logik, die Menschen voneinander trennt.

Le Monde, 18/8/1997


Dieser Dokumentarfilm mißtraut der Idee (oder den Fantasmen) geschichtlicher Wahrheit und behandelt eines der großen Ereignisse dieses Jahrhunderts aus dem Blickwinkel der menschlichen Erfahrung. Er erreicht wie durch Verzauberung eine seltene Höhe der Gedanken, die er diskret bis zu Ende führt.

L'Humanité, 20/8/1997


Was bleibt vom gemeinsamen Leben von Türken und Griechen vor der Vertreibung von 1922? Die Ruinen eines Klosters in Kappadozien, ein verblichenes Klassenphoto und die erschütterbaren Erinnerungen einer Handvoll Achtzigjähriger. Vor dem Hintergrund aktueller territorialer Streitigkreiten und Kriegsgefahr, ein großartiger Dokumentarfilm voll zurückhaltender Erregung, mit Musik von seltener Intensität, und Zeugnissen, die verwundbar und wertvoll sind.

L'Express, 14/8/1997


Der Film Sinasos ist ein Aufruf zur Versöhnung und zum Frieden

Il Manifesto, 29/6/1997


Timon Koulmasis und Iro Siafliaki legen die Spuren, die die "ethnische Säuberung" nach dem griechisch-türkischen Krieg 1923 bis heute hinterlassen hat, offen. Die Geschichten der alten Menschen in den Dörfern sind in ihrem Film "Sinasos" durch feine Schattierungen gekennzeichnet, im Gegensatz zum fanatischen Nationalismus der jüngeren Generationen.

DOX – Zurich, 6/1997


Der Film der zwei jungen Regisseure Timon Koulmasis und Iro Siafliaki beschreibt das gemeinsame Leben von Griechen und Türken in einem Dorf, bevor die Politik sie für immer trennt. Ein wichtiges Thema ist noch keine Garantie für einen guten Dokumentarfilm. Dafür braucht es Erfindungsreichtum und die Fähigkeit den magischen Moment mit der Kamera einzufangen. Dieser Film hat beides. In einer Szene wischt eine achtzigjährige Frau mit einer graziösen Handbewegung ein Stück Staub vom Mantel, während sie einen Tanz ihrer verlorenen Heimat aufführt. Allein für diesen einen Moment muß man diesen Film gesehen haben. Er ist ein Beispiel für ein poetisches Kino, das heutzutage selten geworden ist.

Tue Steen Müller, EDN (European Documentary Network)


Eine wahrhafte Topographie der Erinnerung! "Sinasos" ist ein bemerkenswerter Film.

Kathimerini – Athènes


Ein aussergewöhnlicher Dokumentarfilm!

Eleftherotypia – Athènes

 

Ein ehrlicher Film, der zu einem schwierigen Thema die Würde des Einzelnen bewahrt. Ein mutiger Film.

Epochi – Athènes



Eine Analyse des Films vom Philosphen Stephanos Rosanis

DIE GEISTER AUS SINASOS
(… )
Sinasos ist ein Film, der es sorgfältig vermeidet die Erinnerung zu erzählen, und dem es dadurch gelingt, die Tiefe der Erinnerung auszuloten, d.h. dorthin vorzudringen, wo die Stille und also die Diskontinuität und der Bruch zu ihren grundlegenden Begriffen werden.

"Die Geister sind überall", hat Simone Weil einmal gesagt. Sie spielte auf eine andere Erinnerung, die Schweigen bedeckt hat und noch bedeckt, an. Die Geister aus Sinasos sind hier, sie versuchen ein Wort zu sprechen, mal mit Nostalgie, mal dramatisch, dann wieder idealisierend oder auch formell, sprichwörtlich. Sie glauben im Grunde zu existieren, da sie jemand dazu anhält, da sich jemand für ihre Existenz interessiert, sich von ihnen betroffen fühlt.
Wenn die lanterna magica sie erhellt, erscheinen grausige Schatten. Die Geister sprechen, aber was aus ihnen in Wirklichkeit spricht, ist das in ihren Bewegungen, ihrem Gesichtsausdruck, ihrer Körperhaltung versteckte Schweigen. Ihr Bericht ist ihre Körperlichkeit, ihre Körperlichkeit ist der Bruch ihres Wortes, seine Diskontinuität.
Wie alle Geister der Erinnerung, wo immer ihr Ursprungsort sein mag, versuchen die Geister aus Sinasos, ihr Publikum zu fesseln, es mit ihrem merkwürdigen Charme zu bezwingen, in ihrer Erzählung aufzunehmen, es zum Komplizen zu machen : der Zuschauer wird dann Handelnder der Erinnerung.

Manchmal geben die Filmschaffenden dem Wunsch der Geister nach, sie lassen sich faszinieren und verfallen dem Zauber ihrer Erzählung, sie sind nicht wachsam und stimmen ihnen zu. Sie verlieren den Abstand: sie verwechseln ihre eigenen Geister mit den Geistern der heimatlosen Männer und Frauen aus Sinasos. Sie wollen in ihrer eigenen Sprache sprechen und bleiben ausserhalb der Erinnerung. In diesem Augenblick verliert die laterna magica ihre Orientierung wie ein Kompass in einem Magnetfeld den Weg nicht mehr anzeigen kann und dem Reisenden nutzlos bleibt. Aber dieser Moment ist nur kurz, auch wenn er schmerzvoll ist. Mit einer jähen Bewegung scheinen die Regisseure aus dem Schlaf zu fahren und sich von der Verwirrung, die die Verführungskraft der Geister in ihnen verursacht hat, zu befreien. Sie gehen wieder auf Abstand, lassen das Auge frei, damit es seine Laufbahn zeichnet, damit es in das Tiefe eindringt, in die Region des Magma.

Was durch diese freie Bewegung des Auges geschieht, macht das Drama von Sinasos aus: mit einem Mal weiß man nicht mehr ob man die Geister sieht oder ob die Geister einen anschauen.

Untiefen der Geschichte, die in den Niederungen der Völker, in der Tiefe ihrer Seele, aufsteigen. Seitliche Kamerafahrten, die Differenzen im historischen Kontinuum durchqueren. Sehr bewegend auch die Gesichter von Passanten im Zwischenraum von gestern und immer. Hier existiert die Zeit nur als erschaffener Widerstand gegen die Zufälligkeit und richtet ihn auf das Übermaß im Fortgang der Menschen...

Philippe Tancelin, Dichter, Philosoph

 



Buch und Regie
  Timon Koulmasis, Iro Siafliaki
     
Kamera
  Jacques Pamart
Ton
  André Sikierski
Schnitt
  Aurique Delannoy
Produzent
  Fabrice Puchault – Esther Hoffenberg
Produktion
  LAPSUS, La Sept/ARTE, INA
    PERIPLUS Ltd, ERT
    CNC, Procirep, Ministère des Affaires Etrangères,
    Ministère de la culture -Département des Affaires Internationales
    Eurimages, MEDIA
     
     
     
     

 

 

 
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