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WEGE DES REBETIKO

Dokumentarfilm, 16mm, Farbe, 52 min und 66 min - 2003


Festivals : Fipa, Saloniki, Istanbul, La Rochelle, Haifa, Montpellier, Prag

 

 

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Zusammenfassung

Der Rebetiko ist das griechische Volkslied par excellence. In den Armenvierteln des Piräus Anfang des Jahrhunderts entstanden, beschreibt er mit einfachen Worten das Leben der einfachen Leute: Freud und Leid der Liebe, die Härte der Arbeit, Drogen und Gefängnis, Exil. Die Rebetiko genannte Liedgattungerscheint vor dem Hintergrund einer geschichtlichen Katastrophe: die Vertreibung von 1,5 Millionen Griechen aus ihrer jahrtausende alten Heimat in Kleinasien nach dem griechisch-türkischen Kriege 1922. Ihre Ansiedlung als Flüchtlinge in den Randbezirken der grossen Städte verwandelt ein ursprünglich im Gefängnis und in den tekke (geheime Orte, wo man Haschisch rauchte) improvisiertes, gemeinschaftliches Musizieren in das Volkslied aller Elendsviertel.

 

 

directors' note

Wege des Rebetiko ist kein Film "über" den Rebetiko. Wir haben versucht diese Musik zu filmen, indem wir ihrem Rhythmus folgten, ihren Bewegungen, damit die Bildsprache selbst zu Rhythmus und Poesie (d.h. Musik) wird. Wir lassen den Rebetiko für sich selber sprechen. Wir kehren an seinen Ursprung zurück und erzählen anhand seiner Geschichte auch die Geschichte Griechenlands. Der Film beschreibt einen Mythos, aber zeigt auch seine Vermittlung und Aktualität. Wir haben junge Menschen gefilmt, die Rebetika hören, singen, tanzen. In verborgenen Hafenkneipen und selbst im Gefängnis aufgenommen, zeichnet Wege des Rebetiko eine nächtliche Landschaft dieses Liedes, eine Topographie der Erinnerung und der Sehnsucht, wo Orte und Zeiten des Rebetiko ineinander fallen und die Stimmen der großen Rebetes sich in den tobenden Lärm des modernen Griechenland mischen.

 

 

Rebetiko_photomontage.jpg

 

 

Interview während des FESTIVAL DE MUSIQUE DE MONTPELLIER
Fragen von Olivier Bernard

 

Wie kann man den ungeheuren Erfolg des Rebetiko, einer ursprünglich fast geheimen Musik, erklären?

Griechenland war damals ein vorindustrielles, armes Land und von schrecklichen geschichtlichen und sozialen Umwälzungen betroffen. Und da beschreibt plötzlich der Rebetiko mit einfachen Worten das Leben einfacher Menschen: Freud und Leid der Liebe, die Härte der Arbeit, Drogen und Gefängnis, Exil. Der Erfolg kommt daher. Aber er kommt auch nicht sofort. Erst in den dreißiger Jahren, mit der Schallplatte, gelingt dem Rebetiko der Durchbruch in den Städten, erst dann wird er wirklich populär.


Aufgrund seiner Liedertexte, die keine Tabus kennen, ist der Rebetiko eine erstaunlich subversive Musik. Die Zensur während des Regime von Metaxas in den dreissiger Jahren, die deutsche Besatzung, der Bürgerkrieg und die Diktatur der Obristen (1967-1974) haben den Rebetiko nicht von der Bildfläche verdrängen können. Wie erklären Sie das?

Der Rebetiko war ein halbes Jahrhundert lang ein Spiegel der täglichen Erfahrung des griechischen Volkes. Manche Lieder mögen subversiv sein, aber im Großen und Ganzen hat der Rebetiko keinerlei politische oder soziale Forderung.
Nur wenn er zum Beispiel von der Erfahrung des Exils spricht, erkennen die Leute ihr Leben während der Katastrophe 1922 wieder, oder während der grossen Auswanderungswellen in den zwanziger Jahren (bis hin in die sechziger) ; oder wenn er von einen "wolkenverhangenen Sonntag'", um nur das berühmteste Beispiel zu nennen, heraufbeschwört, zeugt er für jeden verständlich indirekt von der Trostlosigkeit der deutschen Besatzung. Aber kaum ein Lied erwähnt den Bürgerkrieg auch nur mittelbar. Drei Viertel der Rebetika sind Liebeslieder.
Was die Diktatur der Obristen angeht, darf man die Dinge nicht verwechseln. Niemand schreibt zu dieser Zeit Rebetika. Da Widerstandslieder (wie z.B. die von Mikis Theodorakis) verboten sind, nimmt man Zuflucht zu Rebetika und verleiht ihnen, obwohl sie längst Klassiker sind, wieder eine soziale und politische Alterität, die ihnen ihr durchschlagender Erfolg bis hin in die bürgerlichen Klassen seit einiger Zeit schon genommen hatte.


Was halten Sie von seiner aktuelle Renaissance?

Es gibt keine Renaissance. Die historischen und sozialen Bedingungen, unter denen der Rebetiko entstanden ist, liegen für immer hinter uns. Seit den sechziger Jahren werden keine neuen Rebetika komponiert. Es gibt heute hingegen eine Art Rückkehr zu den Ursprüngen. Viele jüngere Menschen erkennen sich in den eintönigen, vorfabrizierten Musikformaten, die die Mode bestimmen, nicht mehr wieder. Sie suchen etwas Authentisches und wenden sich dann natürlich dem Rebetiko zu.


 

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mit:
  Michalis Genitsaris, Takis Binis, Kostas Tsanakos,
Stelios Vamvakaris, Sotos Zachariadis  
     
Buch und Regie
  Timon Koulmasis, Iro Siafliaki
Kamera
  Boris Breckoff
Ton
  Marinos Athanassopoulos
Schnitt
  Aurique Delannoy
Aufnahmeleitung
  Bonita Papastathi
Ausführender Produzent
  Iannis Leondaris
Produzent
  Daniel Toscan du Plantier, Miriana Bojic-Walter
Produktion
  ZETA PRODUCTIONS, ARTE, ERT, NMO, SBS TV Australia, CNC, PROCIREP, AIA FILMS 
     
     
     

 

 


 

 

 
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