Dokumentarfilm,
HD, Farbe, 2020
Zusammenfassung
Lotte Eisner (1896-1983) war eine
der faszinierendsten Gestalten des vergangenen Jahrhunderts. Fritz Lang,
Murnau, Strohheim, Sternberg, Chaplin, Renoir, aber auch Brecht und Man Ray,
später Herzog und Wenders, Godard und Truffaut - verehrten die Autorin der
"Dämonischen Leinwand" und spätere Chefkuratorin der Cinémathèque
Française. Von den Nazis verfolgt, nach Frankreich geflüchtet, ist sie immer
eine Exilantin geblieben. In ihrem Leben fallen die Geschichte des Kinos und
die Geschichte des 20. Jahrhunderts zusammen und erhellen sich gegenseitig.
Figeac, Winter 1941. Ein Dorf im
besetzten Frankreich. Unter dem Decknamen Louise Escoffier klassifiziert die
deutsche Jüdin Lotte Eisner in einem verlassenen Schloss unzählige Schätze der
deutschen, russischen, amerikanischen Filmkunst, die Henri Langlois, der Gründer
der Cinémathèque Française, dort vor den Nazis versteckt hat. Der Schnee steht
meterhoh. Vor Kälte brechen ihr die Nägel. Sie ist allein. Wenige Wochen zuvor
ist sie aus dem berüchtigten Konzentrationslager Gurs entflohen und damit der
sicheren Deportation nach Auschwitz entronnen. Unter den geretteten Filmen sichert
sie auch Chaplins Anti-Hitler Film "Der Diktator". Für einen Moment fallen
ihr Leben, die Geschichte des Kinos und die Geschichte des 20. Jahrhunderts
zusammen.
In diesem Filmporträt entdecken
wir, vom ersten Bild in Figeac ausgehend, in Rück- und Ausblicken ihr Leben. Ihre
Kindheit in der assimilierten jüdischen Bürgerschicht Berlins, ihr Wirken als einflussreiche
Filmkritikerin in den wilden Zwanziger Jahren, die Verfolgung durch die Nazis
und ihre Emigration nach Frankreich (ihre Mutter kommt in Theresienstadt um),
ihre unverbrüchliche Freundschaft mit Henri Langlois, mit dem zusammen sie das
Pariser Filmmuseum, seitdem Vorbild aller anderen Kinematheken auf der Welt, aufbaut,
und das ihr bis zu ihrem Lebensende die ausschliessliche Heimat bleiben sollte.
Truffaut, Godard, die Nouvelle Vague. Ihre Entdeckung des Neuen Deutschen Films
schliesslich, den sie als einzige nach der Nazizeit verbliebene moralische
Autorität international legitimiert, und zu dessen Gewissen und Schutzheilige
sie wurde.
Die Erzählung spiegelt im Blickwinkel ihrer Liebe
zum Film, dem sie ihr Leben gewidment hatte, die Facetten einer mutigen,
zwischen zwei Identitäten zerrissenen Frau, die der Barbarei widerstand und "aus
Sehnsucht" nach einem versunkenen Vaterland weiter wirkte und schrieb. Anhand
von Aufnahmen einer Reise an die entscheidenden Orte auf ihrem Lebensweg,
seltenen Archivaufnahmen mit ihr, Ausschnitten aus expressionistischen
Stummfilmen und Szenen aus dem frühen Neuen Deutschen Film, deren Wurzeln Lotte
Eisner gleichermassen in der deutschen Romantik verortete, reflektiert eine
poetische, kompromisslos moderne Filmsprache die Schnittpunkte von Erlebtem,
Film und Geschichte in den Wirren des vergangen Jahrhunderts. Keine Interviews
mit "Spezialisten", vielleicht Begegnungen mit Betroffenen. Werner
Herzog, z.B., der im Winter 1974 achthundert Kilometer von München nach Paris
zu Fuß zurücklegte, als er Lotte Eisner in Gefahr um ihr Leben wusste. Eine
Spurensuche. Heute aktueller denn je.
mit |
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Werner Herzog, Volker Schlöndorff, Wim Wenders
Martje Herzog, Laurent Manonni, Bernard Eisenschitz
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Buch und Regie
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Timon Koulmasis
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Schnitt |
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Aurique Delannoy
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Kamera |
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Rüdiger Kortz
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Ton |
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Holger Jung
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Musik |
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Ernst August Klötzke
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Produzenten |
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Ilona Grundmann, Christophe Gougeon
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Produktion |
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Ilona Grundmann Filmproduktion, acqua alta,
zdf/arte, HessenFilm, ORF Weltvertrieb, ciné +,CNC, Procirep-Angoa,
Fondation de la Shoah |
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